Gestern las ich einen Bericht, der sich mit den Mythen über 'bejahrte' Softwareentwickler auseinandersetzt. Schlagartig wurde mir bewusst, ich bin (fast) Mitte Vierzig! Nicht tot aber Mitte Vierzig! In meinem Job kommt das der Bedeutung von tot schon recht nah.
Schaut man in die Geschichte, findet man dieses Vorurteil ganz und gar nicht bestätigt. Gott war gewiss kein pubertierender Jugendlicher, als er diese Welt programmierte.  Die Frage, ob es sein einziges Projekt war, ist bis heute unbeantwortet. Zeitlich gesehen war es ein recht kurzes Projekt. Sieben Milestones, schwammige Spezifikation und letztendlich eine Menge Trail und Error.  Der Support lässt bis heute zu wünschen übrig und eine neue Spezifikation oder gar ein Redesign sind nicht in Sicht.
Nun bin ich nicht Gott und habe nicht ansatzweise die Freiheiten, die er sich genommen hat. Auch habe ich selten Projekte miterlebt, die nur sieben Tage dauerten (gibt es so etwas heute überhaupt noch?). Aber diese Geschichten über die teuren 'Senior-Developer', die mit einem Mangel an Flexibilität und Enthusiasmus jedem Entwicklungsauftrag schwer im Magen (oder der Budget-Tasche) liegen, sind noch immer aktuell. Einerseits ist es beruhigend zu lesen, dass diese 'urban legends' durch keine Zahlen zu belegen sind.  Andererseits stecken sie aber in den Köpfen der Entscheider oder noch schlimmer, in den Margenplänen des Einkaufs. Da werden nackte Angebotszahlen als alleiniges Kriterium für einen Zuschlag zu Rate gezogen. Es werden junge, dynamische Hochschulabsolventen mit jahrzehntelanger Industrieerfahrung gesucht, die möglichst flexibel und mobil, jede Herausforderung stemmen, bevor sie am Horizont aufgetaucht ist. Beschäftigt man sich näher mit den Anforderungen einer Ausschreibung wird man unwillkürlich an Menschen wie Leonardo da Vinci oder Carl Friedrich Gauß erinnert. Ihnen war es vergönnt, dass gesamte Wissen ihrer Zeit  intus zu haben. Der Anspruch scheint geblieben zu sein, die Umsetzung jedoch gestaltet sich heutzutage beiweitem schwieriger.
Ich bin Mitte Vierzig und weiß, dass das, was ich in den Jahren gelernt und erfahren habe, nicht so einfach bezifferbar ist und kaum die passende Einkaufsschublade finden wird. Aber vielleicht ist das auch gar nicht wichtig. Vielleicht zählen Eigenschaften wie Erfahrung, Zuverlässigkeit, das ungebrochene Bestreben zu lernen, sich zu entwickeln mehr als Mythen aus grauer Vorzeit. Ich hoffe es!